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28. Mai 2011

Kurztrip nach Riga

Irgendwann kurz nach unserer fünftägigen Tschechientour, als das Semester wieder begonnen hatte, verspürten wir mal wieder so einen Stich von Fernweh. Wenn man nur wenige Bahnminuten vom Billigflughafen Weeze entfernt wohnt, liegt es natürlich nahe, nach Billigflügen zu suchen. Das Flugziel war uns eigentlich egal, es sollte nur nicht mehr als 30 Euro pro Person und Flug kosten. Damit verringerte sich die Auswahl an Flugzielen bereits dramatisch. Am Ende entschieden wir uns für Riga, da die Flugzeiten dort am günstigsten waren
Kurztrip nach Riga
Daten von OpenStreetMap - Veröffentlicht unter ODbL

Riga Altstadt
Ankunft in Riga
Am 6.5.2011 sitzen wir also am Flughafen Weeze. Unerwartet ist es doch noch recht warm geworden und zu unserer Erleichterung ist auch in Riga gutes Wetter angesagt. Allerdings soll es trotz Sonnenschein deutlich kälter sein als in Deutschland, Riga liegt schließlich auch erheblich weiter nördlich. Trotzdem kommen wir uns etwas seltsam vor, bei der drückenden Wärme mit dicken Winterjacken im Gepäck in Weeze zu sitzen.
Riga Hostel
Vorm Hostel
Nach rund zwei Stunden Flugzeit erreichen wir den Flughafen Riga. Von dort fährt ein Bus in die Innenstadt; unser Hostel soll in unmittelbarer Nähe der Haltestelle sein. Schon die Busfahrt wird vielversprechend. Bunte windschiefe Holzhäuser säumen die Straße in die Innenstadt. Außerdem ist zu unserer großen Überraschung trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit noch kein Zeichen von Abenddämmerung zu bemerken, der nördlichen Lage Rigas sei Dank.
Riga Temperaturen
Kalt in Riga!
Nach einer guten halben Stunde Busfahrt steigen wir in der Innenstadt aus dem Bus. Draußen empfängt uns als erstes ein intensiver Duft nach Nadelholz; Riga ist auch heute noch einer der größten Holzhäfen Europas. An der Rezeption des Hostels werden wir mit einem Gläschen „Riga Balm“ begrüßt, einem starken Kräuterlikör. Nachdem wir unsere Betten in einem Sechs-Bett-Zimmer bezogen haben, brechen wir zu einem ersten Erkundungsgang auf. Nun sind wir doch noch froh, die dicken Winterjacken eingepackt zu haben, denn draußen ist es windig und empfindlich kalt.
Marktplatz Riga
Auf dem Marktplatz
Dafür begeistert die Stadt umso mehr. Die Straßen sind klein und gemütlich, die historischen Bauten rechts und links zumeist liebevoll renoviert. Wir erkunden ein paar Straßenzüge und finden uns schließlich auf einem der zentralen Plätze der Altstadt wieder. Mitten auf dem Platz ist ein Pavillon aufgebaut, der ein Restaurant beherbergt. Da es schon spät ist und wir hungrig sind zögern wir nicht lange und nehmen im Inneren Platz.
Essen Lettland
Abendessen im Restaurant
Was schon unser Reiseführer angekündigt hatte, bewahrheitet sich hier: eine lettische Küche im traditionellen Sinne gibt es nicht, stattdessen steht eine bunt zusammengewürfelte Mischung von Gerichten aus diversen Ländern auf der Speisekarte. Wenigstens das Bier ist dann ein Tropfen mit lettischer Tradition – und lecker obendrein. Als wir einige Zeit später mit dem Essen fertig sind, ist es draußen noch immer hell, langsam zeichnet sich jedoch die Dämmerung ab. Satt und vor allem müde von dem langen Tag gehen wir zum Hostel zurück. Die Partyfraktion in der Stadt erwacht da grade erst zum Leben. Immer mehr grell beleuchtete Clubs, Bars und Diskotheken öffnen ihre Pforten.
Der Vorteil der allgemeinen Feierlaune ist, dass wir das Zimmer den größten Teil der Nacht für uns alleine haben, obwohl dem Gepäck nach zu urteilen alle Betten belegt sind. Erst in den frühen Morgenstunden kommen die anderen Gäste nach und nach vom Feiern zurück, während wir bereits aufstehen um zur Stadtbesichtigung aufzubrechen.
Hostel Riga
Im Hostel
Schon gegen acht Uhr sind wir wieder in der Stadt unterwegs. Nach einem raschen Frühstück bei einem Schnellimbiss ist die Neustadt das erste Ziel des Tages. Hier soll eine schier unglaubliche Dichte von Jugendstilbauten zu finden sein.
Christuskirche Riga
Christuskirche
Die Straßen und Gebäude sehen tatsächlich imposant aus. Besonders positiv fällt auf, dass sich fast nirgends sozialistische Zweckbauten erhalten haben. Laut Reiseführer wurden die Betonklötze nach der Wende sorgfältig aus dem Stadtbild entfernt. An ihrer Stelle wurden historische Bauten rekonstruiert. Nach einem Spaziergang durch einen kleinen Stadtpark, in dessen Mitte die schöne orthodoxe Christuskirche steht, gönnen wir uns eine Pause in einem Café. Anschließend gehen wir zur Daugava weiter, dem Stadtfluss Rigas. Auf dem Weg kommen wir durch das reizvolle Botschaftsviertel. Auch hier erwarten uns wieder unzählige Jugendstilbauten. An der Daugava angelangt ist es trotz des strahlenden Sonnenscheins deutlich kühler als im restlichen Riga. Dafür stoßen wir auf die berühmte Christopherstatue, die an die Legende der Gründung Rigas erinnert.


Christopher Statue Riga
Christopherstatue
An der Stelle des Flussufers, wo heute diese Statue steht, lebte angeblich einst ein großer starker Mann, der Reisende auf seinen Schultern über den Fluss brachte. Eines Nachts hörte er die Schreie eines Kindes auf der anderen Seite des Flusses. Sofort eilte er hinüber um das Kind zu holen. Auf dem Rückweg über den Fluss wurde das Kind so schwer auf seinen Schultern, dass er kaum das Ufer zu erreichen vermochte. Erschöpft brach er dort zusammen. Als er wieder erwachte hatte sich das Kind in einen Sack mit Gold verwandelt. Dieses Gold wurde der Legende nach zur Gründung Rigas verwendet.


Nach dem kleinen Exkurs gehen wir durch eine ausgedehnte Parkanlage wieder in die Altstadt zurück. Nächste Station soll der Dom von Riga werden. Von außen handelt es sich um ein beeindruckendes Backsteinbauwerk. Das Innere hingegen ist wenig spektakulär. Der Holzboden ist eher trist, auf dem rauen Wandputz liegt dicker Staub. Dafür finden sich einige nette Kunstwerke über die Kirche verteilt, besonders die Kirchenorgel ist bemerkenswert.
Dom Riga
Dom von Riga
Steinkopf von Salaspils
Steinkopf von Salaspils
Angenehm überrascht sind wir vom Kreuzgang im Innenhof des Doms. Allerlei historische Funde stapeln sich dort, der Innenhof selber ist satt begrünt. Hier finden wir auch ein inoffizielles Wahrzeichen Rigas, den so genannten Steinkopf von Salaspils. Die exotische Skulptur brachten mutmaßlich Seefahrer aus irgendeinem fremden Land in die ehemalige Hansestadt.
Vor dem Mittagessen wollen wir noch den Markt von Riga besuchen. Er befindet sich am anderen Ende der Altstadt hinter dem Bahnhof. Dort erstrecken sich mehrere große Hallen, die die Marktstände beherbergen. Wie wir im Reiseführer lesen, handelt es sich bei den Hallen um ehemalige Flugzeughangar, entsprechend groß ist der Markt. Von irgendwelchen Käufen sehen wir zwar ab, lassen aber das bunte Treiben auf uns wirken.
Schwarzhaeupterhaus Riga
Schwarzhäupterhaus
Anschließend spazieren wir noch ziellos ein wenig ziellos durch die Altstadt und bewundern die vielen sehenswerten Bauwerke entlang des Weges. Besonders gefällt uns das Schwarzhäupterhaus, ein ehemaliger Club für Händler, in dem der Legende nach der Weihnachtsbaum erfunden wurde.
Drei Brueder Riga
Zwei der Drei Brüder
Auch die Drei Brüder sind ein netter Anblick, es handelt sich um die drei ältesten Häuser Rigas, die in einer Reihe nebeneinander stehen. Einzige Gemeinsamkeit der drei Häuser sind die winzigen Fenster. Wie wir im Reiseführer lesen, wurde die Grundsteuer in Riga einst nach der Fläche der Fenster berechnet, kleinere Fenster bedeuteten also weniger Steuern. Unser nächstes Ziel ist die ehemalige Kaserne der Stadt. Ein riesiger senfgelber Bau, der sich am Rande der Altstadt erstreckt. Vor wenigen Jahren wurde der Gebäudekomplex restauriert und beherbergt nun neben diversen Gastronomiebetrieben vor allem die Ateliers verschiedener Künstler.
Petrikirche Riga
Auf dem Turm der Petrikirche
Nach einer Pause in einem Café am Rande der Altstadt beschließen wir spontan, noch die Petrikirche zu besichtigen. Deren charakteristischer Turm hat eine ganz besondere Geschichte: Bei der Errichtung der Kirche im 17. Jahrhundert wurde ein Glas von der Turmspitze geworfen; sollte es zerbrechen, würde der Turm lange überdauern. Das Glas zerbrach jedoch nicht, weil es auf einem Heuhaufen landete. Seitdem wurde der Turm immerhin dreimal zerstört, zuletzt im Zweiten Weltkrieg. Beim Wiederaufbau in den 1970er Jahren wurde in Anlehnung an die alte Legende wiederum ein Glas vom Kirchturm geworfen. Dieses Mal zerbrach es. Bislang jedenfalls steht der Turm noch und wir fahren mit dem Aufzug auf die Spitze, von wo man einen tollen Panoramablick haben soll.
Riga Panorama
Panorama von Riga
Der Rundblick ist wirklich toll. Man kann von oben nahezu alle Attraktionen Rigas betrachten. Aber auch die Neustadt zeigt sich von ihrer guten Seite; selbst die moderne Architektur auf der anderen Seite der Daugava fügt sich recht harmonsich ins Gesamtbild.
In einem Schnellrestaurant essen wir anschließend zu Mittag. Statt des üblichen Fast Food gibt es hier russische Pelmeni, eine Art Tortellini. Den restlichen Nachmittag verbringen wir im so genannten Okkupationsmuseum, das die Geschichte der deutschen und russischen Besatzungszeit in Lettland zeigen soll. Tatsächlich werden dort sehr plastisch die Leiden der Bevölkerung geschildert, wobei speziell die russische Besatzung in besonders schlechtes Licht gestellt wird. In Anbetracht dieser Tatsache finden wir die große Anzahl russischer Touristen umso erstaunlicher.
Kasesplatte Lettland
Am Abend im Restaurant
Während es langsam Abend wird, schlendern wir nach dem Besuch des Museums noch ein wenig durch die Stadt. Obwohl wir keinen großen Hunger haben, setzen wir uns dann doch wieder ins gleiche Restaurant wie am Vorabend. Diesmal begnügen wir uns mit einer – angeblich original lettischen – Käseplatte und einem Glas Rotwein. Ähnlich wie gestern mehrt sich in den Straßen allmählich die Zahl der Partygänger. Nach dem anstrengenden Tag sind wir aber nicht mehr in Feierlaune. Zudem müssen wir morgen früh aufstehen, bereits um sieben Uhr wird unser Bus zum Flughafen abfahren.
Als wir am nächsten Morgen wieder im Flugzeug sitzen, sind wir vollauf zufrieden mit unserem Kurztrip nach Riga. Zumindest kurzfristig ist unser Fernweh besänftigt – aber die nächsten Pläne sind schon geschmiedet…